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Was es mit ACTA wirklich auf sich hat

Am 25. Februar gingen in München wieder tausende Menschen auf die Straßen um gegen ACTA zu demonstrieren. Die Demonstranten konnten einen vorläufigen Erfolg erzielen, denn das Gesetz wurde vorerst von einigen Staaten, darunter auch von Deutschland, nicht ratifiziert, was ein erster Erfolg für die Demonstranten bedeutet. Was verbirgt sich hinter dem Kürzel ACTA und warum eigentlich die ganze Aufregung?

Wenn wir einen ersten Blick auf das Gesetz werfen sieht es prinzipiell sehr vernünftig aus. ACTA steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement, auf Deutsch etwa Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen. Das ist ein internationales Handelsabkommen, an dem sich 27 Staaten beteiligen. Neben der EU auch unter anderem Australien, die USA, die Schweiz und Südkorea. Es soll den Schutz geistigen Eigentums regeln, so dass in den beteiligten Staaten einheitliche Gesetze herrschen. Vom Internet ist hier erst einmal gar nicht die Rede.

Erfinder, Künstler, Journalisten und alle anderen Personengruppen die kreativ sind, die Neuerungen entwickeln haben ein Recht darauf, dass ihre Werke geschützt werden. Wer heute ein Buch schreibt und es veröffentlicht, sei es im Internet oder bei einem Verlag, hat Anspruch auf seinen Verdienst. Das gilt auch für seine Erben bis zu 70 Jahre nach seinem Ableben (in Deutschland). Durch die Entwicklung des Internets sind Informationen nicht mehr Stoffgebunden, also Literatur benötigt kein Papier, Musik keine CD und Film keine Leinwand mehr. Weitergegeben werden lediglich Informationen. Dadurch ist es aber auch sehr leicht geworden diese Informationen zu kopieren, mit anderen zu teilen und zu Hause auf einem Speichermedium kleiner als eine Zigarettenschachtel zu archivieren. Das Kopieren und Weiterverbreiten von geistigem Eigentum war und ist immer schon verboten. Im Internet genauso wie im Copyshop, weil dadurch der Künstler und der Verlag um seinen Verdienst betrogen wird.

Die Kritiker am Abkommen fürchten, dass durch seine Ratifizierung die Freiheit des Internets eingeschränkt wird. Es hat in letzter Zeit immer wieder Sperrungen von bestimmten Internetseiten gegeben, dies könnte in Zukunft zu einer gängigen Praxis werden und die Zensur im Internet Einzug halten. Es definiert im Endeffekt in diesem Gesetz niemand so genau, wann eigentlich eine Information verbreitet wird. Ist der Tatbestand erfüllt, wenn man ein mp3-File mit einem bekannten teilt oder genügt es schon, wenn man im Forum von einem neuen Film erzählt, den man eben im Kino gesehen hat. Im zweiten Fall würde das Medium Internet auf eine nicht zumutbare Weise zensiert. Es würde ein Massensterben von Blogs, Foren und anderen Internetseiten einsetzen. Kunst beruht immer auf anderer Kunst, jeder Literaturwissenschaftler wird das bestätigen und durch dieses Gesetz wird jeder Kunstschaffende in seiner Freiheit erheblich eingeschränkt. Ein anderer für die Kritiker sehr wichtiger Punkt ist die Möglichkeit der Kontrolle die dieses Gesetz schafft. Es erfolgt eine ständige Kontrolle der im Internet getauschten Daten, was ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer bedeutet und Orwells Vision „1984“ sehr nahe kommt. Da durch das Medium Internet ständig in irgendeiner Form Daten getauscht werden, kann es bei eine sonst harmlosen Diskussion zwischen zwei und mehr Beteiligten zu einem ungewollten und verbotenen Datentransfer kommen, beispielsweise wenn bei einer Videokonferenz im Hintergrund ein Lied gespielt wird. Somit würden sich beide Parteien einer Urheberrechtsverletzung schuldig machen. Wenn das Gesetz in der jetzt vorliegenden Form in dieser oben beschriebenen Art umgesetzt wird, dann kann das das Ende des Internets in der heutigen Form bedeuten.

Klar, das Internet ist kein rechtsfreier Raum und jeder User muss sich an bestimmte Gesetze und Vorschriften halten. ACTA stellt den Versuch dar das bestehende Urheberrecht zu Internationalisieren und um das Internet zu erweitern. Anders ausgedrückt wird ein Gesetz aus dem analogen Zeitalter ins digitale Zeitalter verschoben. Dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Was wir brauchen ist ein neues Gesetz das die Belange der Künstler und den Anspruch der Menschen auf freie Meinungsäußerungen gerecht wird.

Durch die Demonstrationen wurde die Ratifizierung des Gesetzes in Deutschland vorerst gestoppt. Das ist gut und es bleibt zu hoffen, dass den Demonstranten ein dauerhafter Erfolg beschieden ist. Denn dann müssen sich die beteiligten Parteien (und diesmal alle und nicht nur einige Ausgewählte) an einen Tisch setzen um ein neues Gesetz zu entwickeln. Ein Gesetz in dem ein freies Internet und ein ungehinderter Austausch von Informationen und Erfahrungen möglich sind.

geschrieben von R.Bogner